Ein nicht vorbestrafter Fahrer eines Kraftfahrzeugs, der bei einem vorsätzlich verkehrswidrigen Überholmanöver einen Verkehrsunfall verursacht, bei dem ein Verkehrsteilnehmer tödlich und drei weitere z.T. schwer verletzt werden, kann mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten zu bestrafen sein, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung auszusetzen ist.
Diese Entscheidung der Vorinstanzen hat nun auch das Oberlandesgericht (OLG) Hamm bestätigt. Der Angeklagte war mit einem Paket-Auslieferungswagen auf einer Landstraße unterwegs. Er hatte bereits bei einem Überholvorgang eine Linksabbiegerspur und eine durchgezogene Linie mit überhöhter Geschwindigkeit überfahren, als er sich einer Kreuzung näherte. Aus der Einmündung bog ein Pkw auf die Fahrspur des Angeklagten ein. Um hinter diesem Fahrzeug zu bleiben, hätte der Angeklagte seine Geschwindigkeit deutlich reduzieren müssen. Dies wollte er vermeiden. Er setzte zum Überholen des Fahrzeugs an und überfuhr hierbei eine Sperrfläche vor dem Einmündungsbereich sowie die für den Gegenverkehr vorgesehene Linksabbiegerspur. Dort kam ihm ein Pkw Skoda entgegen, der nach links abbiegen wollte. Dem Skoda folgte ein Pkw Dacia Duster. Der Angeklagte behielt seine Geschwindigkeit von ca. 75 bis 90 km/h bei und fuhr frontal auf den Skoda zu. Dessen Fahrerin konnte den Zusammenstoß mit dem Lieferwagen trotz eines Ausweichmanövers nicht vermeiden. Der hierdurch abgelenkte Lieferwagen kollidierte sodann mit dem Dacia. Dessen Fahrer erlitt bei dem Unfall tödliche Verletzungen. Die weiteren Insassen des Dacia und des Skoda erlitten zum Teil schwere Verletzungen.
Der Strafrichter am Amtsgericht verurteilte den zwar verkehrsordnungswidrigkeitenrechtlich, aber nicht strafrechtlich vorbelasteten Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung in drei Fällen und vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten. Die Vollstreckung wurde nicht zur Bewährung ausgesetzt. Zudem verlor der Angeklagte seine Fahrerlaubnis. Das Landgericht bestätigte im Berufungsverfahren die Verurteilung. Es setzte die Sperrfrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis auf die gesetzlich zulässige Höchstfrist von fünf Jahren fest.
Die Richter am Landgericht haben die versagte Strafaussetzung zur Bewährung damit begründet, dass dem nicht vorbestraften Angeklagten zwar eine günstige Sozialprognose zu stellen sei. Nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Angeklagten lägen aber keine besonderen Umstände vor, die es ermöglichten, die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen. Vor dem Hintergrund des erheblichen Unrechts- und Schuldgehalts der Tat, der sich maßgeblich aus der rücksichtslosen und risikobereiten Fahrweise des Angeklagten mit den darauf zurückzuführenden schweren Tatfolgen ergebe, rechtfertigten die zu seinen Gunsten sprechenden Umstände, insbesondere seine bisherige Unbestraftheit, keine Bewährung. Zudem sei die Vollstreckung zur Verteidigung der Rechtsordnung geboten. Der Verkehrsverstoß weise neben den schweren Folgen einen erheblichen Unrechtsgehalt auf. Er sei Ausdruck einer verbreiteten Einstellung, die die Geltung des Rechts nicht ernst nehme. Das Verhalten des Angeklagten vor und nach der Tat zeige, dass er sich ohne Bedenken über Verkehrsregeln und die Sicherheitsinteressen anderer Verkehrsteilnehmer hinweggesetzt habe.
Gegen das Berufungsurteil hat der Angeklagte Revision eingelegt. Diese hat das Oberlandesgericht Hamm als unbegründet verworfen. Die Überprüfung des Urteils ergab keinen Rechtsfehler zulasten des Angeklagten, so die Entscheidung des Senats.
Quelle | OLG Hamm, Beschluss vom 23.3.2017, 4 RVs 33/17, Abruf-Nr. 193879 unter www.iww.de.